Häufig stehen dahinter tief verankerte innere Überzeugungen darüber, leisten zu müssen, um wertvoll zu sein. Mehr zu diesem Zusammenhang findest du in meinem Artikel zum Thema Glaubenssätze und Selbstwert.Das Paradoxon der Leere in einer erfüllten Welt 

Trotz beruflichem Erfolg, materieller Sicherheit und ausreichend sozialer Kontakte erleben viele Menschen ein inneres Gefühl von Leere. Psychologische Beobachtungen deuten darauf hin, dass dieses Empfinden nicht an äußere Lebensumstände gebunden ist. Selbst Menschen, deren Alltag strukturiert und äußerlich „in Ordnung“ wirkt, berichten davon, sich innerlich unverbunden oder emotional erschöpft zu fühlen.

Innere Leere lässt sich psychologisch als eine Form der Selbstentfremdung verstehen, ein Zustand, in dem der Zugang zu den eigenen Bedürfnissen, Werten und Gefühlen zunehmend verloren geht. Betroffene beschreiben dabei häufig eine emotionale Distanz zu sich selbst und den Eindruck, nur noch zu funktionieren, statt wirklich zu leben.

Die Leere als Signal – nicht als Störung

Was bedeutet „innere Leere“? 

Der Begriff „innere Leere“ ist kein klinisches Diagnosekriterium, wird in der Psychologie jedoch häufig als Begleitsymptom bei Erschöpfungszuständen, depressiven Episoden oder Burnout beschrieben. Gemeint ist ein schwer greifbares Gefühl von Sinnlosigkeit, innerer Entfremdung und dem Verlust emotionaler Verbundenheit, sowohl mit sich selbst als auch mit der Umwelt.

Untersuchungen zeigen, dass dieses Gefühl häufig bei Menschen auftritt, die stark leistungsorientiert sind, hohe Erwartungen an sich selbst stellen und wenig Selbstakzeptanz entwickelt haben. Der damit verbundene Druck kann über die Zeit zu emotionaler Erschöpfung führen und das Empfinden innerer Leere verstärken.  

Häufig stehen dahinter tief verankerte innere Überzeugungen darüber, leisten zu müssen, um wertvoll zu sein. Mehr zu diesem Zusammenhang findest du in meinem Artikel zum Thema Glaubenssätze und Selbstwert.

Warum das Verdrängen innerer Leere langfristig schadet

Innere Leere wird häufig nicht als ernstzunehmendes Phänomen wahrgenommen. Gerade in leistungsorientierten Lebenswelten dominiert die Haltung, dass wer funktioniert, auch innerlich stabil sei.

Doch das Ignorieren dieser Empfindung birgt Risiken. Denn Leere ist kein zufälliges Gefühl, sondern ein deutliches Signal: Es weist darauf hin, dass zentrale emotionale Bedürfnisse, persönliche Werte oder der innere Kompass aus dem Blick geraten sind. Wird dieses Signal dauerhaft übergangen, können emotionale Abstumpfung, chronischer Stress und ein zunehmendes Gefühl der Selbstentfremdung die Folge sein.

Wichtig: Die Leere ist kein Defekt, sie ist ein Hinweis darauf, dass etwas Wesentliches fehlt: Selbstkontakt, Sinn, Orientierung.

Das wahre Selbst und das angepasste Ich – ein innerer Spagat 

In der psychologischen Persönlichkeitsforschung wird häufig zwischen zwei Aspekten des Selbst unterschieden: dem authentischen Selbst, das für persönliche Werte, Bedürfnisse und Gefühle steht und dem angepassten Selbst, das sich an äußeren Erwartungen und sozialen Normen orientiert.

Der Psychologe Carl Rogers, ein zentraler Vertreter der humanistischen Psychologie, ging davon aus, dass seelisches Ungleichgewicht entsteht, wenn diese beiden Anteile zu stark auseinanderdriften. Diese Diskrepanz bleibt oft unbewusst, äußert sich aber in innerer Unzufriedenheit, Orientierungslosigkeit oder emotionaler Leere.

Journaling als Weg zu mehr Selbstwahrnehmung 

Der Weg aus innerer Leere muss kein radikaler Umbruch sein. Häufig beginnt er mit kleinen, bewussten Schritten, hin zu mehr Selbstwahrnehmung und innerer Klarheit. Ein besonders wirkungsvoller Ansatz ist das Schreiben: Journaling, also die strukturierte Selbstreflexion auf Papier, kann helfen, wieder in Kontakt mit den eigenen Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen zu kommen.

Warum Journaling wirkt – psychologisch erklärt

Journaling ist weit mehr als klassisches Tagebuchschreiben. Wer regelmäßig schreibt, trainiert wichtige psychische Fähigkeiten, etwa die Fähigkeit zur emotionalen Verarbeitung, zur Selbstregulation und zur Reflexion.

Viele Menschen berichten, dass regelmäßiges Schreiben ihnen hilft, innere Spannungen abzubauen, ihre Gefühle besser zu verstehen und ihr Selbstwertgefühl zu stabilisieren. Auch das Gefühl, das eigene Leben bewusster gestalten zu können, wird durch Journaling oft gestärkt.

Die 3-Schritte-Journaling-Methode 

Damit Journaling wirksam wird, hilft eine klare Struktur – besonders für Menschen mit analytischer Denkweise. Die folgende Methode bietet eine einfache, aber wirkungsvolle Orientierung:

  1. Beobachten – Was ist da?
  • Welche Gedanken, Gefühle oder körperlichen Reaktionen zeigen sich aktuell?
  1. Einordnen – Was bedeutet das für mich?
  • Woher kommen diese Empfindungen? Welche Auslöser oder Muster erkenne ich?
  1. Ausrichten – Was brauche ich jetzt?
  • Welche Bedürfnisse zeigen sich – und wie könnte ich darauf antworten?

Bereits 10 Minuten Schreiben pro Tag können helfen, mehr Klarheit und emotionale Stabilität zu gewinnen – ganz ohne Perfektionsdruck.

Einblicke aus der Praxis: Journaling im Alltag 

Anna, Anfang 40, arbeitet als Teamleiterin in einem mittelständischen Unternehmen. Sie gilt als belastbar, organisiert und ist stets für andere da. Doch seit einigen Monaten spürt sie eine innere Unruhe, die sie nicht einordnen kann. Ihre Tage laufen reibungslos, aber abends fühlt sie sich erschöpft und leer.

Auf Anraten einer Freundin beginnt sie mit einem Journaling-Ritual zunächst skeptisch, aber offen. Schon nach wenigen Tagen bemerkt sie, dass ihr das Schreiben hilft: Gedanken ordnen sich, Gefühle werden greifbarer, Bedürfnisse sichtbarer. Besonders überraschend ist für sie die Erkenntnis, wie selten sie sich selbst fragt, was sie eigentlich braucht.

Heute schreibt sie nicht jeden Tag, aber regelmäßig. Nicht, um Probleme zu lösen, sondern um mit sich selbst im Gespräch zu bleiben.

Der Wert des Schreibens: Innere Dialoge sichtbar machen 

Schreiben schafft einen Raum, der im Alltag oft fehlt, einen Dialog mit sich selbst. Gedanken, die sonst diffus bleiben, werden sichtbar. Gefühle, die unter der Oberfläche wirken, finden Ausdruck. Und innere Kritikerstimmen verlieren an Einfluss, sobald sie auf Papier erscheinen.

Für viele wird Journaling so zu einem Anker: ein Moment der Einkehr inmitten eines vollen Tages.

„Man kann sich selbst erst begegnen, wenn man sich selbst zuhört.“
– sinngemäß nach Carl Rogers

Fazit: Die Rückkehr zum Wesentlichen 

Das Gefühl innerer Leere betrifft weit mehr Menschen, als man von außen erkennt, gerade jene, die im Leben funktionieren, sich anpassen und vieles richtig machen. Es entsteht, wenn der Kontakt zum eigenen Erleben verloren geht.

Die Rückkehr beginnt nicht mit einem radikalen Umbruch, sondern mit einem einfachen, ehrlichen Schritt: sich selbst wieder wahrzunehmen.

Journaling kann dabei ein wirksames Werkzeug sein. Nicht als Lösung für alles, sondern als Einladung, sich selbst zuzuhören und den Kontakt zu dem Menschen wiederherzustellen, der unter allen Rollen immer noch da ist.

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